Archäologisches Museum Hamburg: Finale in der Harburger Schloßstraße

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(CIS-intern) – Die Gruben sind wieder verfüllt, die letzten Befunde vermessen und die archäologischen Funde verpackt: Nach zwei Jahren und sieben Monaten Grabungstätigkeit an der Harburger Schloßstraße zieht das Archäologische Museum Hamburg eine positive Bilanz. Die Ausgrabung brachte eine Fülle von neuen Erkenntnissen zur Harburger Siedlungsgeschichte. Es wurden mehr als 6.000 Kubikmeter Erde bewegt, 13.000 Befunde erfasst und 36.000 Funde inventarisiert.

Seit dem Frühjahr 2012 hat das Archäologische Museum Hamburg auf der Suche nach der frühen Geschichte der Stadt eine Grabungsfläche von etwa 11.450 Quadratmetern archäologisch betreut. Zum einen ging es darum, dem Boden an einem geschichtsträchtigen Ort seine letzten Geheimnisse zu entlocken, bevor ein neues Wohnviertel im Rahmen der Internationalen Bauausstellung IBA Hamburg auf diesem Areal entstehen wird und alle archäologischen Spuren vernichtet. Zum anderen sollten Erkenntnisse zur Siedlungsentwicklung, Wirtschaftsweise, aber auch zum täglichen Leben der damaligen Bewohner Harburgs gewonnen werden. Das Projekt ist eine der größten Stadtkerngrabungen Hamburgs und gehört zu den größten archäologischen Grabungsprojekten dieser Art in Deutschland. „Die große Bandbreite der archäologischen Spuren und die Anzahl und Qualität der einzelnen Funde belegen die hohe Bedeutung, die der Region seit hunderten von Jahren nicht nur als Siedlungsgebiet, sondern auch als Verkehrsknotenpunkt zukam“, so Prof. Dr. Rainer-Maria Weiss, Direktor des Archäologischen Museums und Landesarchäologe von Hamburg. So wurden neue Einblicke zum Hausbau, zum Werftbetrieb, zu Handel und Handwerk sowie zahlreichen anderen Bereichen des täglichen Lebens gewonnen. Mehr als 3.000 Besucher nahmen an den kostenfreien Führungen über die Grabungsstelle teil, um sich über den Fortgang und die Ergebnisse der Grabung direkt vor Ort zu informieren.

Eine Reise durch die Schichten: Was haben die Archäologen gefunden?
Ziel der Archäologen war es, Licht ins Dunkel der Gründungszeit Harburgs zu bringen und Neues über die Bedeutung Harburgs als früher Handelsplatz zu erfahren. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich in dem Gebiet rund um die Harburger Schloßstraße viele Bauschichten übereinander abgelagert. Diese Schichten erzählen von den Anfängen Harburgs als Grenzfestung und dem späteren Herrschaftssitz der Harburger Herzöge, von dem Militärwesen des 17. und 18. Jahrhunderts und der späteren Industrialisierung. Die Entwicklung des heute im Harburger Binnenhafengebiet gelegenen mittelalterlichen Stadtkerns entlang der Schloßstraße stellt zudem eine siedlungstopografische Besonderheit dar: Der Straßenverlauf hat sich über 800 Jahre nicht verändert – beste Voraussetzungen für die Archäologen, die frühe Siedlungsgeschichte Harburgs zu erforschen. Besonders begeistert waren sie von der außergewöhnlich guten Erhaltung der Funde. Der feuchte Boden im Niederungsbereich der Elbe konservierte die bis zu 800 Jahre alten Fundstücke ungewöhnlich gut.

Moderne Technik im Einsatz
Mit moderner Grabungstechnik legten die Wissenschaftler des Archäologischen Museums in vier Grabungsabschnitten die Überreste des mittelalterlichen Harburg frei. Der Aushub von mehr als 6.000 Kubikmetern Erdboden musste vorsichtig und von Hand erfolgen. Aufgrund des ganzjährigen Einsatzes mussten alle Grabungsstellen überzeltet werden. Die Dokumentation erfolgte ausschließlich digital über die Erfassung der Befunde durch elektrooptische Vermessungssysteme und die Überführung in Datenbanken. Insgesamt wurden etwa 13.000 Einzelbefunde erfasst und in mehr als 450 Plänen dokumentiert. Mit seinem Areal an der Harburger Schloßstraße zählt Harburg mittlerweile zu einer der am besten ergrabenen mittelalterlichen Städte Deutschlands.

Zum Abschluss der Grabung führte das Museum sogar eine unterwasserarchäologische Untersuchung im Lotsekanal durch, der ganz in der Nähe der Harburger Schloßstraße verläuft. Ziel der Untersuchung war die Auffindung der mittelalterlichen und neuzeitlichen Brückentrassen, die früher einmal die Harburger Schloßstraße mit der Harburger Schlossinsel verbunden haben. Es handelte sich dabei um die erste unterwasserarchäologische Untersuchung in Hamburg. In etwa sechs Metern Tiefe wurden die Archäologen dann bei ihrem Tauchgang fündig: Sie stießen auf ein 1,30 Meter langes Konstruktionsteil aus Eichenholz, das vermutlich ein Bauteil der früheren Brücke war.

Die Harburger Schloßstraße – Ein Stück Harburg im Wandel der Zeit
Insgesamt hat die Grabung entscheidende neue Ergebnisse hinsichtlich der historischen Entwicklung der Stadt erbracht. Hierzu zählen vor allem die Lokalisierung des Marktplatzes sowie des Hafens. Durch die archäologischen Funde konnte die Anwesenheit verschiedener Handwerksberufe wie Goldschmied, Schuster, Bäcker und Schiffbauer auf dem Areal nachgewiesen werden. Zahlreiche Importfunde, Keramik aus Spanien und den Niederlanden belegen weitreichende Handelsbeziehungen. So konnte zum Beispiel aus einer Kloake des 17. und 18. Jahrhunderts ein vollständiges Service hochwertigen Tafelgeschirrs geborgen werden.

Die bewegte militärische Geschichte Harburgs spiegelt sich insbesondere in den großen Mengen an Waffen wider: Armbrustbolzen, Pfeilspitzen, Äxte, Speere, Lanzen, Gewehr- und Pistolenkugeln, Musketengabeln und Artelleriegeschosse waren in den verschiedenen Schichten auffällig häufig vertreten. Aber auch Gegenstände des täglichen Lebens kamen zum Vorschein: Eine hölzerne Schalmei, Tonpfeifen und Pilgerzeichen sind Spuren der Harburger Geschichte.

Die Arbeit der Archäologen geht weiter
Befunddokumentation und Fundmaterial liegen nun in den Archiven des Archäologischen Museums für die weitere wissenschaftliche Bearbeitung bereit. „Mit Abschluss der Grabung ist alles, was im Boden unter der Harburger Schloßstraße aus der Zeit der Ursprünge dieser Stadt ruhte für spätere Generationen dokumentiert und geborgen“, erklärt Dr. Philip Lüth, Mitarbeiter des Archäologischen Museums Hamburg und Grabungsleiter. Ein Puzzle, das von den Archäologen nun zusammengesetzt werden muss. „Um die Befunde wissenschaftlich richtig einordnen zu können, müssen wir das gesamte Material sichten und in Zusammenhang mit den älteren Ausgrabungen bringen“, so Dr. Philip Lüth weiter. Die Wissenschaftler werden nun in den nächsten Monaten diese Auswertungen vornehmen.

PM: Archäologisches Museum Hamburg

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